Die dicken Katzen von Kuwait
Kuwait ist ein kleines Land, was trotzdem jeder irgendwie kennt. “Das war doch wo damals der Saddam…” Genau da. Und ich war dort.
Als Kind habe ich mal einen Beitrag über Kuwait gelesen. Dass es warm sei und unheimlich reich, und alle bekämen kostenloses Wasser. Und, für mich als Kind relevant: Palmen. Und irgendwie hat mich das nie losgelassen.
Kuwait war lange Zeit das reichste und wichtigste Land am Golf – und das liberalste. Es gibt keine reinen Scharia-Gerichte, die Scharia gilt nur für Familiensachen. Die Rechtsgrundlagen sind nach französischem Vorbild (wie unser deutsches Recht übrigens auch). Es gibt ein Parlament, das zumindest in Teilen gewählt wird und die Regierung kontrolliert – bis hin zur Entscheidungsunfähigkeit.
Es ist ein Land mit langer Geschichte, und großem Einfluss. Ein geistiges Zentrum mit weitgehender Pressefreiheit. Ein kulturelles Zentrum der arabischen Welt. Die Schulbücher für alle Golfstaaten kamen früher von dort. Die Universitäten, die Schulen. Die Wirtschaft brummte. Es war ein Land, in das jeder wollte (vergleichbar vielleicht mit Qatar oder Dubai von heute). Und es war das einzige Land am Golf, das mit der UdSSR paktierte.
Bis die Krise kam. In den 80ern der erste Golfkrieg: Irak gegen Iran. Kuwait hat den Irak unterstützt und musste dafür Attentate und Entführungen von iranischer Seite hinnehmen. Als der Krieg vorbei war, forderte Kuwait die Schulden für den Krieg vom Irak ein, und bekam Saddam Hussein. Erst dann mussten sie ein bisschen auf die USA zugehen, weil Saudi-Arabien (der Nachbar auf der anderen Seite) zu Hilfe kam, aber mit amerikanischer Unterstützung.
Alles in allem also wirklich großartige Voraussetzungen, ein spannendes Land, viel zu sehen und zu entdecken (sofern das in zwei Tagen mit Arbeit geht). Die Wirklichkeit ist dann um so ernüchternder.
Bei der Einreise geht es los. Ich bin der einzige der Crew mit visa on arrival, was meine Ankunft ziemlich kompliziert macht. Man muss sich das Einreisevisum nämlich hart erkämpfen, und das geht so:
“Da gehst Du die Treppe hoch und holst Dir das ab. Das kostet 3 Dinar.” Dort sind Schlangen, und ein Schalter, der Wartemarken ausgibt. Dahinter ein Automat, an dem man Wertmarken kaufen kann. Der akzeptiert nur Kuwaiti Dinar, die ich natürlich nicht habe. Zum Glück gibt’s eine Wechselstube, die ist genau am anderen Ende. Und hat eine lange Schlange. Und irgendwie sehen die Zahlen für die Wechselkurse komisch aus. Stellt sich raus: für einen Dinar zahlt man knapp 3 Euro. Ich brauche 3, also kurz einen 10 Euro-Schein verwendet, den ich zufällig noch einstecken hatte. UAE-Dirhams hatte ich nämlich nicht mehr ausreichend, und die Bank / der Automat war “irgendwo anders”.
Also wieder zurück, angestanden, Wertmarken gezogen. Angestanden, Wartemarke geholt. Dabei werde ich noch darauf hingewiesen, dass ich eine Passkopie brauche. Die gabs aber am Schalter nebenan sofort und kostenlos. Danach noch 30 Minuten auf einen freien Schalter warten, und ich durfte ins Land. Und das ohne weitere Wartezeit oder Komplikation: der Frau in der Passkontrolle hat es gereicht, mein Visum von etwa 10 Metern Entfernung zu sehen. Die Gepäckkontrolleure hatten offensichtlich alle die gleiche wichtige Whatsapp-Nachricht bekommen, mein Gepäck hat sie weiter nicht interessiert. Und das obwohl, und dabei wird vor Ankunft noch mal explizit hingewiesen, die Einfuhr von Alkohol bei Strafe strengstens verboten ist.
Der Flughafen ist ziemlich langweilig – ein paar Shops, ein bisschen schmuddelig, und draussen wird es noch ein bisschen schmuddliger. Jeder deutsche Provinzbahnhof sieht nicht besser aus.
Es sind 15ºC, später am Tag wird es aber knapp über 20. Vor ein paar Wochen hat es in Kuwait geschneit (in Riyadh übrigens auch), das war ein Jahrhundertereignis. Heute merkt man davon nicht viel, aber es ist recht angenehm.
Erste Überraschung: auch im Hotel gibt es keinen Alkohol. Das ist normalerweise immer die Oase, in der man auch in den islamischen Staaten was zu trinken bekommt – nicht so hier. Die nehmen das ernst. Und im Spa werden Männer nur von Männern behandelt, und Frauen nur von Frauen.
“Draußen” ist es seltsam: ich habe von Kuwait als einem relativ liberalen Land gelesen, dafür sind aber ziemlich viele Frauen mit Abaya und Hijab unterwegs. Andererseits habe ich noch nirgends auf der Welt so viele Frauen hochpreisige Sportwagen fahren sehen. In einem Wohngebiet haben wir ein paar Damen beim Basketball zugesehen, auch alle in Abaya und Hijab. Das ist ein ungewohnter Anblick für uns, aber sie haben verdammt viel Spaß gehabt.
Die Wohngebiete. Villen (also Einfamilienhäuser), nicht sehr kreativ in der Architektur, aber auch nicht alle gleich. Im Vergleich zu Dubai fällt vor allem auf, dass die Mauern um das Haus fehlen. Und viele Menschen durchaus mehr als zwei Autos haben. Das können Oldtimer sein, Sportwagen, oder einfach nur eine Sammlung von mehr und weniger verbeulten weißen japanischen Nutz-PKW vom Schlage eines Toyota Camry oder Nissan Primera.
Hin und wieder erinnert eine Ruine an den Krieg. Der war kurz vor dem Jugoslawien-Krieg, also rund 25 Jahre her. Es wurde in der Stadt auch nicht alles weggebombt, wie anderswo. Es ist auch nicht runtergekommen, aber alles auch nicht sonderlich shiny. Die größte Mall von Kuwait ist vormittags weitestgehend leer. Im vormals reichsten Land der Welt scheinen also alle zu arbeiten. Obwohl, so wird mir berichtet, Kuwaitis Geld vom Staat dafür bekommen, dass sie Kuwaitis sind. Das ist am Golf so üblich, wenn auch sonst eher durch kostenlose Gesundheitsvorsorge, verbilligten Wohnraum etc.
Woran man sieht, dass Kuwait immer noch ein wahnsinnig wohlhabendes Land ist? An den Katzen. Hier in Dubai sind die streunenden Katzen sehr mager bis erbärmlich. In Kuwait sind sie fett. Verwöhnte-Hauskatzen-fett. Alle.
Auf dem Rückflug lerne ich einen Pakistani kennen, der Zeit seines Lebens in Kuwait wohnt. Er bestätigt, dass es ein wahnsinnig langweiliges Land ist, außer Strand, Shopping, Essen und Kino gibt es nichts. Immerhin Kino, das haben sie ihrem Nachbar Saudi-Arabien voraus.